Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Ich hab da mal eine Frage zu ...
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steuerbrei
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Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Beitrag von steuerbrei »

Hallo,

haben aktuell folgenden Fall. Immobilie von 1964 wurde zur Hälfte vor 4 Jahren geerbt und wurde bisher von Erblasser teilweise eigengenutzt und wurde bereits 50 Jahre abgeschrieben. Mittlerweile ist die Immobilie komplett vermietet. Plan ist Erbenauseinandersetzung durch Auszahlen des Miterben von ca. 200K und anschließener Kernsanierung. Ist es dadurch möglich den Auszahlungsanteil von 200k zusätzlich zu den Modernisierungskosten 50 Jahre über AFA abzuschreiben? Es hat ja nicht wirklich ein Kauf stattgefunden. Alternative wäre, dass ein Ehepartner kauft, aber eigentlich wollen wir keine 6,5% Grunderwerbsteuer zahlen.

Jemand eine Idee? Danke!
taxpert
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Re: Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Beitrag von taxpert »

steuerbrei hat geschrieben: 29. Aug 2023, 21:56 Es hat ja nicht wirklich ein Kauf stattgefunden.
Doch und zwar für den Anteil am Grundstück, der Dir bisher nicht gehört hat. Natürlich sind nur die Kosten als AfA zugelassen, die auf den (anteiligen) Erwerb des Gebäudes entfallen. Soweit die Kosten auf den (anteiligen) Grund und Boden entfallen gibt es natürlich keine AfA.

Übrigens beginnt für den neu erworbenen Teil auch die 10 Jahres-Frist des §23 EStG neu an zu laufen, ebenso wie die 3 Jahres-Frist des §6 Abs.1 Nr.1a EStG wegen der Kernsanierung.

taxpert
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steuerbrei
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Re: Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Beitrag von steuerbrei »

Danke für die rasche Antwort. Die 3 Jahresfrist dürfte ja bei der Kernsanierung kein Problem sein. Im Zweifel schreibt man die Kosten dann über 50 Jahre ab. Habe aber auch gelesen, dass man vor Kernsanierung ein Gutachten über die Restlebensdauer machen kann und dann die Kernsanierung über einen kürzeren Zeitraum AFA abschreiben kann. Bei Baujahr 1964 ohne großartiger Sanierung würde ich maximal 15-20 Jahre Restlebensdauer erwarten.
taxpert
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Re: Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Beitrag von taxpert »

steuerbrei hat geschrieben: 30. Aug 2023, 10:15 Habe aber auch gelesen, dass man vor Kernsanierung ein Gutachten über die Restlebensdauer machen kann und dann die Kernsanierung über einen kürzeren Zeitraum AFA abschreiben kann. Bei Baujahr 1964 ohne großartiger Sanierung würde ich maximal 15-20 Jahre Restlebensdauer erwarten.
Durch die Kernsanierung verlängert sich die Lebensdauer jedoch (Ansatz eines fiktiven neueren Baujahres!), stand das da auch?

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steuerbrei
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Re: Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Beitrag von steuerbrei »

Ja, aber soweit ich es verstanden habe, kann man den Wert aus dem Gutachten vor Sanierung nehmen. Man muss halt vorher eins erstellt haben.
taxpert
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Re: Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Beitrag von taxpert »

steuerbrei hat geschrieben: 30. Aug 2023, 10:33 Ja, aber soweit ich es verstanden habe, kann man den Wert aus dem Gutachten vor Sanierung nehmen. Man muss halt vorher eins erstellt haben.
Die Nutzungsdauer und damit die Höhe der AfA ist eine unselbständige Besteuerungsgrundlage, die nicht in Bestandskraft erwächst. D.h., durch das Gutachten weichst Du von der gesetzlich normierten AfA-Höhe nach §7 Abs.4 EStG ab. Kommt es zu einer Änderung der Verhältnisse, z.B. durch eine Kernsanierung, ist erneut der Nachweis zu führen, dass die Nutzungsdauer weiterhin entsprechend kurz ist. Dabei wird ein Gutachten schon sehr detailliert darauf eingehen müssen, warum TROTZ Kernsanierung die Nutzungsdauer entsprechend verkürzt ist.

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steuerbrei
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Re: Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Beitrag von steuerbrei »

Laut folgender Links Sehe ich zumindest eine Chance über ca. 30 Jahre abzuschreiben. Ich suche noch ein anderes Gerichtsurteil von 2021, was auf Gutachten vor Modernisierung eingeht.

https://www.haufe.de/immobilien/investment/gebaeude-afa-nutzungsdauer-bei-abschreibung-von-immobilien_256_566570.html


https://www.nutzungsdauer.com/urteil-finanzgericht-koeln-6-k-923-20/
taxpert
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Re: Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Beitrag von taxpert »

Zunächst einmal solltest Du lesen, WER dort von den Gutachten schwärmt! Herr Glasenapp ist Geschäftsführer von nutzungsdauer.com, einer Internetseite, die genau diese Gutachten verkauft! Auch der Geschäftsführer von VW wird Dir raten, deinen 2 Jahre alten Golf sofort zu verschrotten und Dir einen neuen ID.3 zu kaufen!

Gerade das Urteil vom FG Köln zeigt Dir doch, dass es auf den Zustand NACH der Kernsanierung ankommt, denn der dortige Gutachter hat alle Modernisierungsarbeiten auf sechs Seiten in seinem Gutachten berücksichtigt! Das Urteil sagt leider nichts zum Baujahr der strittigen Immo, so dass man keine allgemeingültigen Rückschlüsse ziehen kann.

Natürlich kann bei Bj. 1964 auch bei Sanierung eine kürzere als 50-jährige Nutzungsdauer rauskommen, dass will ich ja auch gar nicht bestreiten. "Testballon" für mich wäre da die Excel-Tabelle des BMF zur vereinfachten Kaufpreisaufteilung. Die ist an die ImmoWertV, an die sich auch ein Gutachter halten muss, angelehnt und kann grundsätzlich auch Sanierungen berücksichtigen. Bei einer Immo mit Bj. 1964 kommt man bei einer umfassenden Renovierung auf ein fiktives Baujahr von 2001!

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steuerbrei
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Re: Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Beitrag von steuerbrei »

Mit 28 Jahren Restnutzungsdauer kann ich leben. Vielen Dank für die ausführliche Auskunft. Hier noch der Gerichtsentscheid, welche erklärt, dass die Berechnung oder Schätzung keiner bestimmten Methodik bedarf und nur bei signifikanter Abweichung von der Schätzung geprüft werden muss. Würde schätzen, dass ich bei Angabe von 25 Jahren also 4% Abschreibung kein Problem bekommen sollte.

https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202150198/


https://www.justiz.nrw.de/nrwe/fgs/muenster/j2023/1_K_3840_19_F_Urteil_20230214.html
taxpert
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Re: Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Beitrag von taxpert »

steuerbrei hat geschrieben: 30. Aug 2023, 14:49 Hier noch der Gerichtsentscheid,
Vielen Dank dafür, aber die Urteile sind mir alle bekannt, da ich sie bereits Ende 2021 als Dozent im Rahmen der von mir gehaltenen Schulungen innerhalb der Finanzverwaltung besprochen habe. Deshalb kann ich Dir z.B. auch sagen, dass auf grund dieser Urteile im Jahressteuergesetz §7 Abs.4 Satz 2 EStG, der die gesetzliche Grundlage für eine höhere AfA ist, komplett gestrichen werden sollte! Erst in der letzten Lesung im BT wurde die Änderung verworfen.
steuerbrei hat geschrieben: 30. Aug 2023, 14:49 Mit 28 Jahren Restnutzungsdauer kann ich leben.
Da hast Du einen Denkfehler! Die Restnutzungsdauer wird nicht auf Grund des steuerlichen Ansatzes des §7 Abs.4 Satz 1 EStG errechnet, sondern auf Grund der Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 1 zur ImmoWertV. Und das sind 80 Jahre!

Vielleicht ein wenig Steuerhistorie dazu, damit man überhaupt versteht, warum das Ganze so geregelt ist!

§7 Abs.4 EStG, die steuerliche Vorschrift zur Abschreibung von Gebäuden, wurde erst 1964 in das EStG eingeführt. Davor fielen Gebäude wie alle anderen Wirtschaftsgüter unter §7 Abs.1 EStG. Das hatte zur Folge, dass für jedes gebaute oder erworbene Gebäude eine individuelle AfA gefunden werden musste! Ausgehend von einer Gesamtnutzungsdauer von 80 - 100 Jahren bei Wohngebäuden hieß das natürlich bei Neubauten auch weniger als 2% AfA!

Um diesen Zustand zu vereinfachen, wurde die typisierte AfA nach §7 Abs.4 EStG eingeführt. die 2% bzw. 50 Jahre sind daher eine Art Mischkalkulation zwischen "neuen" und "gebrauchten" Gebäuden. Für Ausreißer nach unten wurde Satz 2 eingefügt. Dabei sollte Satz 2 natürlich die Ausnahme sein, da ansonsten der Vereinfachungscharakter der Vorschrift konterkariert worden wäre! Durch die Änderung der BFH-Rechtsprechung sind wird nun nach knapp 60 Jahren eben genau da angekommen, dass sich der Gesetzgeber überlegen muss, wie es mit der Gebäude-AfA weitergehen soll. Im Moment sind die einzigen, die sich wirklich die Hände reiben, die Gutachter!

Für mich persönlich sollte der steuerliche Aspekt beim Immobilienerwerb nur von äußerst untergeordneter Bedeutung sein. Wenn sich die Immo für mich nur rechnet, wenn der Gebäudeanteil möglichst hoch und die Nutzungsdauer möglichst gering ist, dann sollte man besser gleich die Finger davon lassen. Ein positiver steuerlicher Aspekt soll nur das Sahnehäubchen sein, auf das man auch gut verzichten kann!

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steuerbrei
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Re: Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Beitrag von steuerbrei »

Ist das nicht absurd, wenn ich eine Kernsanierung über 80 Jahre abschreiben muss und ein Neubau am Anfang mit 9% abgeschrieben werden kann?

https://www.haufe.de/immobilien/wirtschaft-politik/abschreibung-in-der-steuer-degressive-afa-beim-wohnungsbau_84342_602294.html#:~:text=Im%20Jahr%20der%20Fertigstellung%20und,26%20Jahren%20danach%20zwei%20Prozent.


Darüberhinaus ist es schon mit 3% Abschreibung in meinem Du Fall nicht sonderlich rentabel. Wenn ich das mit einem ETF vergleiche, würden Immobilieninvestitionen ja nie Sinn machen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Regierung die AFA Möglichkeiten verschlechtert, beim aktuellen Wohnungsmangel und Energieverbrauch.

Wenn ich dich richtig verstanden habe, wäre es nach aktuellem Stand wahrscheinlich noch möglich per Gutachten über z.B. 30 Jahre abzuschreiben, mindestens aber auf 50 Jahre, wobei es passieren könnte, dass die Vereinfachung auf 50 Jahre gekippt werden könnte und man im Zweifel über einen längern Zeitraum abschreiben müsste. Ist das korrekt?
taxpert
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Re: Abschreibung AFA ausgelaufen Erbauseinandersetzung

Beitrag von taxpert »

steuerbrei hat geschrieben: 1. Sep 2023, 13:33 Wenn ich dich richtig verstanden habe, wäre es nach aktuellem Stand wahrscheinlich noch möglich per Gutachten über z.B. 30 Jahre abzuschreiben, mindestens aber auf 50 Jahre,
Ja.
steuerbrei hat geschrieben: 1. Sep 2023, 13:33 dass die Vereinfachung auf 50 Jahre gekippt werden könnte
Theoretisch ja, aber unwahrscheinlich und dann auch erst mit Wirkung für die Zukunft!
steuerbrei hat geschrieben: 1. Sep 2023, 13:33 Ist das nicht absurd, wenn ich eine Kernsanierung über 80 Jahre abschreiben muss und ein Neubau am Anfang mit 9% abgeschrieben werden kann?
Nö, Steuern dienen nicht nur der Einnahmeerzielung (§3 AO), sondern sind auch Steuerungsinstrument. Bei der (energetischen) Sanierung erfolgt die Förderung direkt über entsprechende Zuschüsse oder Darlehen. Eine weitere Förderung im Rahmen der Steuer würde zu einer Doppelbegünstigung führen.

Bei Neubauten erfolgte die Förderung schon immer über die Steuerschiene. Im Bereich von V+V z.B. über §7 Abs.5 EStG (bis zu 10% AfA!) oder neu §7b EStG. Bei eigengenutzten Immos §7b EStG a.F, §10e EStG, EigZulG. Besonders "lukrativ" war natürlich auch die 25% Sonder-AfA sogar schon auf Anzahlungen nach §4 FördG! Von daher ist das weder etwas neues, noch ist der Betrag ungewöhnlich hoch!
steuerbrei hat geschrieben: 1. Sep 2023, 13:33 Darüberhinaus ist es schon mit 3% Abschreibung in meinem Du Fall nicht sonderlich rentabel. Wenn ich das mit einem ETF vergleiche, würden Immobilieninvestitionen ja nie Sinn machen
Ob etwas für Dich rentabel ist, musst DU selber entscheiden. Wie gesagt, m.M.n. darf die Steuer nur das Sahnehäubchen sein!

Insgesamt ist die Einkunftsart "V+V" meiner Meinung nach schon sehr stark begünstigt. Immobilien sind langfristig gesehen wertstabil wenn nicht sogar wertsteigend. Trotzdem darfst Du nicht nur den werterhaltenden Aufwand als Wk von den Einnahmen abziehen, sondern sogar noch die Abschreibung! Die Wertsteigerung selber ist nur in Ausnahmefällen (§23 EStG) zu versteuern. Das hast Du so bei keinen anderen Einkunftsart.

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