Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Ich bin selbständig und hab eine Frage zu ...
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Shakai88
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Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Beitrag von Shakai88 »

Hallo zusammen,

ich habe mehrere Fragen:

1. Ein langjähriger Unternehmer hat mir gesagt, ich solle solange wie möglich die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Ist das wirklich richtig? Kann man das so pauschal sagen?

2. Ich befinde mich nun an einem Punkt, wo ich im nächsten Jahr zwar noch die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen könnte, es meiner Meinung nach aber aufgrund einiger Anschaffungen, die ich tätigen möchte und dann wahrscheinlich nicht steuerlich absetzen könnte (jedenfalls die MwSt. nicht) keinen Sinn machen würde. Ich selbst bin Kameramann und möchte mir eine neue Kamera plus Zubehör und einen Firmenwagen anschaffen. Die Kosten würden sich voraussichtlich auf unter 10.000 Euro, aber deutlich über 5000 Euro belaufen. Macht es Sinn weiter die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen oder ab kommendem Jahr Umsatzsteuer zu berechnen und abzuführen?

3. Ich arbeite momentan noch deutlich mehr auf Lohnsteuerkarte in meinem Beruf, als auf Rechnung. Könnte ich meine Anschaffungen daher nicht auch einfach über eine normale Steuererkärung geltend machen z. b. als außergewöhnliche Belastungen? Was ist finanziell cleverer (die obere Variante sprich Frage 2. oder diese hier)?

4. Wenn ich mir im Januar 2018 eine Kamera und Objektive für schätzungsweise 3000 Euro Brutto anschaffen würde, könnte ich die knapp 600 Euro Mehrwertsteuer auch wenn ich im Januar schätzungsweise nur 300 Euro MwSt. ans Finanzamt abführe trotzdem geltend machen? Und falls dies nicht möglich ist, würde ich die gesamten 19 % MwSt. im Laufe des Jahres zurückkriegen, wenn ich mindestens 600 Euro Steuern ans Finanzamt abführen werde?

5. In welcher Höhe sind die Kosten für einen Steuerberater 1. als Kleinunternehmer und 2. als normaler Angestellter absetzbar?

Ich freue mich über Eure kompetenten Antworten! Beste Grüße!
StephanM
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Re: Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Beitrag von StephanM »

zu 1.: das kommt darauf an, was für Kunden Sie haben. Wenn Ihre Kunden überwiegend Privatpersonen sind ist das durchaus sinnvoll. Wenn Sie aber auch mit anderen Unternehmen zu tun haben, ist es zu überlegen, ob Sie auf die Kleinunternehmerregelung verzichten und damit dem anderen Unternehmer den Vorsteuerabzug ermöglichen.

zu 2.: Wenn Sie die Vorsteuer wegen der Kleinunternehmerregelung nicht einreichen könne, dann gehören diese Kosten auch zu den Anschaffungskosten und erhöhen die abschreibbaren Anschaffungskosten.

zu 3.: Es geht nicht darum was cleverer ist, sondern was überhaupt zulässig ist. Die Kosten sind durch die Tätigkeit als Kameramann entstanden und gehören in die dazugehörende Gewinn-/Überschussermittlung.
Haben Sie sich mal die §§33, 33a und 33b im Einkommensteuergesetzt durchgelesen? Es wundert mich nur, das jemand überhaupt auf diese Idee kommt.

zu 4.: Ob das Ergebnis der Voranmeldung positiv oder negativ ist spielt keine Rolle. Sie bekommen die Vorsteuer auch erstattet, wenn die Umsätze und damit die zugehörige Umsatzsteuer geringer ist. Vermutlich wird Ihr Voranmeldungszeitraum aber nicht monatlich, sondern quartalsweise sein.

zu 5.: sofern die Steuerbarterkosten für den jeweiligen Bereich absetzbar sind, sind sie dieses in voller Höhe. siehe BMF-Schreiben vom 21.12.2007
Shakai88
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Re: Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Beitrag von Shakai88 »

Danke für die Antworten, auch wenn nicht alle meine Fragen befriedigend beantwortet wurden.

Frage zu 2.) Wenn ich die Investitionen, so wie Sie sagen, als Anschaffungskosten absetze, wird der Bruttobetrag oder nur der Nettobetrag angerechnet?
Ein weiterer Nachteil ist doch außerdem, dass ich erstmal die Grenze überschreiten muss, ab der ich Steuern zahlen muss, damit ich überhaupt etwas "wiederkriege".

Zu 3.) Ich meinte Werbungskosten und nicht außergewöhnliche Belastungen, mein Fehler! Also jetzt nochmal die Frage: Könnte ich meine Anschaffungen nicht auch einfach über eine normale Steuererkärung geltend machen z. b. als Werbungskosten? Was ist finanziell cleverer (die obere Variante sprich Frage 2. oder diese hier)?

Zu 4.) Danke für den Hinweis mit der Vorsteuererstattung. Die ersten zwei Jahre muss man immer monatlich eine Vorsteueranmeldung abgeben (habe ich heute recherchiert).
muemmel
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Re: Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Beitrag von muemmel »

ein weiterer Nachteil ist doch außerdem, dass ich erstmal die Grenze überschreiten muss, ab der ich Steuern zahlen muss, damit ich überhaupt etwas "wiederkriege". Ist Ihre Arbeitnehmertätigkeit wirklich so schlecht bezahlt, daß Sie da nicht über den Grundfreibetrag kommen? Denn anderenfalls macht dieses Argument keinerlei Sinn - es werden zur Besteuerung natürlich beide Tätigkeiten zusammengerechnet.
Könnte ich meine Anschaffungen nicht auch einfach über eine normale Steuererkärung geltend machen z. b. als Werbungskosten? Nicht, wenn Sie da unter dem Grundfreibetrag liegen, wie Ihre oben zitierte Frage ja nahelegt. Und ansonsten gilt als Arbeitnehmer: Es wäre höchst ungewöhnlich, daß ein Arbeitnehmer eigene Arbeitsmittel mitbringt. Das müßte dann zumindest vom Arbeitgeber bescheinigt werden. Und da man die Arbeitsmittel höheren Preises über mehrere Jahre abschreiben muß, ist dann auch die Frage, ob man damit überhaupt die Werbungskostenpauschale von 1.000 Euro knackt. Kameras sind übrigens über 7 Jahre abzuschreiben.
StephanM
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Re: Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Beitrag von StephanM »

Die ersten zwei Jahre muss man immer monatlich eine Vorsteueranmeldung abgeben (habe ich heute recherchiert).
das gilt ab Gründung des Unternehmens, bzw. ab erstmaliger freiberuflicher oder gewerblicher Tätigkeit. Wenn Sie also schon im Rahmen der Kleinunternehmerregelung erfasst sind, zählt diese Zeit dazu.
Shakai88
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Re: Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Beitrag von Shakai88 »

@Muemmel: Das mit der Grenze überschreiten, war auf meine Selbstständigkeit bezogen, denn dort habe ich tatsächlich momentan noch nicht so viele Aufträge,
dass ich die Grenze, von soweit ich weiß knapp 10.000 Euro Gewinn, überschreiten würde.
Was meine Arbeitnehmertätigkeit angeht, so zahle ich selbstverständlich Steuern!
Was würde Ihrer Meinung nach also mehr Sinn machen. Die Kamera etc. als Werbungskosten über die "normale Einkommensteuererklärung" abzusetzen oder das Gewerbe von Kleinunternehmer auf umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer umzustellen und ab 2018 MwSt. zu berechnen? Der Firmenwagen könnte über eine normale Einkommensteuererklärung meines Wissens nach nicht abesetzt werden. Und würde bei Absetzung über Einkommensteuererklärung bei z. B. der Kamera dann die Bruttobetrag abgeschrieben werden oder der Nettobetrag? Weil die 19% bekomme ich ja bei Absetzung als Werbungskosten über die normale Steuererklärung sonst nicht wieder.

@StephanM: Vielen Dank für den wertvollen Hinweis. Da ich mein Gewerbe bereits seit 2016 angemeldet habe, müsste ich ja nur noch mit dem zuständigen Finanzamt Rücksprache halten und bräuchte dann nur quartalsweise Vorsteueranmeldungen abgeben, also das erste Mal bis 10. April 2018, wenn ich richtig informiert bin.
StephanM
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Re: Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Beitrag von StephanM »

Mit der Grenze von 10.000 EUR bei der selbständigen Tätigkeit liegen Sie falsch.
Die Grenze von 10.000 EUR kann man annehmen, wenn sonst keine Einkünfte existieren. Sie haben aber Einkünfte aus einer Angestelltentätigkeit, also Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit. Die Einkünfte werden bei der Jahressteuerberechnung zusammengerechnet und aus dem Gesamtergenis werden dann die Steuern berechent.
Eine selbständige Tätigkeit neben einer Arbeitnehmertätigkeit wäre gegebenenfalls nur unter 410 EUR nach §46 EStG nicht relevat, sofern nicht noch andere Einkünfte vorliegen.
muemmel
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Re: Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Beitrag von muemmel »

Das mit der Grenze überschreiten, war auf meine Selbstständigkeit bezogen, denn dort habe ich tatsächlich momentan noch nicht so viele Aufträge,
dass ich die Grenze, von soweit ich weiß knapp 10.000 Euro Gewinn, überschreiten würde.
Ich habe ja nun schon deutlich geschrieben, daß BEIDE Tätigkeiten zusammengerechnet werden.
Die Kamera etc. als Werbungskosten über die "normale Einkommensteuererklärung" abzusetzen Auch dazu hatte ich was geschrieben - Sie sind also im Besitz einer Arbeitgeberbescheinigung, daß Sie EIGENE Kameras mitbringen müssen? Oder wie ist die Frage zu verstehen?
Und würde bei Absetzung über Einkommensteuererklärung bei z. B. der Kamera dann die Bruttobetrag abgeschrieben werden oder der Nettobetrag? Arbeitnehmer, Kleinunternehmer: Bruttobetrag. Sonstiger Unternehmer: Nettobetrag, denn die Vorsteuer wird ja erstattet.
Shakai88
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Re: Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Beitrag von Shakai88 »

@StephanM: Ein weiteres Mal vielen Dank für den wichtigen, wertvollen Hinweis. Da ich noch ziemlich neu auf dem Gebiet Steuern unterwegs bin, entzog sich das meiner Kenntnis, auch wenn die Zusammenrechnung der Einkommen im Nachhinein betrachtet vollkommen Sinn macht.

@Muemme: Vielen Dank, ich habe die Tatsache dass beide Tätigkeiten zusammengerechnet werden nun verstanden. Es tut mir Leid, wenn ich da etwas begriffsstutzig war. Ich muss sagen, dass das Gebiet Steuern für einen Laien wie mich wirklich nicht einfach ist. Eine normale Einkommensteuererklärung als AN zu erstellen ist eben doch wesentlich unkomplizierter. Vielen Dank für die Geduld und die Hilfe.

Nein, ich bin nicht im Besitz einer Arbeitgeberbescheinigung, dass ich eigenes Equipment mitbringen muss und dies ist auch nicht der Fall, da bei meinen Tätigkeiten auf Lohnsteuerkarte Kameras etc. von AG-Seite gestellt werden. Dass ich eine Bescheinigung des AGs brauche war mir bisher auch nicht bewusst.
Somit ist die Frage, ob ich Anschaffungen im Bereich Kamera über meine normale Einkommensteuererklärung absetzen kann auch beantwortet und es bleibt nur
die einkommensteuerpflichtige Selbstständigkeit.
Das mit dem Brutto- oder Nettobetrag absetzen habe ich nun auch verstanden und es macht für mich absolut Sinn. Vielen Dank!

Ich habe noch eine letzte Verständnisfrage: Ist es richtig, dass ich als Selbständiger und sozialversicherungspflichtig versichterter Angestellter sowohl eine normale Einkommensteuererklärung einreichen muss, in der der Gewinn aus sozialversicherungspflichtiger Arbeit und selbstständiger Arbeit getrennt voneinander angegeben wird, sowie eine Umsatzsteuererklärung und in regelmäßigen Abständen Umsatzsteuervoranmeldungen? Oder habe ich noch eine Steuererklärungsart vergessen?
muemmel
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Re: Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Beitrag von muemmel »

Dass ich eine Bescheinigung des AGs brauche war mir bisher auch nicht bewusst. Was dachten Sie denn? Wenn man Dinge im Zusammenhang mit einer AN-Tätigkeit absetzen will, muß man diesen Zusammenhang auch beweisen können. Alles andere, bei fehlendem Zusammenhang also, ist schlicht Steuerhinterziehung.
Oder habe ich noch eine Steuererklärungsart vergessen? Die Gewerbesteuer, wobei Ihr Gewerbeertrag ja offenbar zunächst mal nicht so hoch ist, daß die ernsthaft anfiele (wegen des Freibetrags). Aber irgendwann könnten Sie da auch mal drüberkommen...
Shakai88
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Re: Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Beitrag von Shakai88 »

@Muemmel: Ich dachte, dass wenn ich Anschaffungen tätige, die in meinem Berufsbereich nicht ungewöhnlich sind (plausibel sind, der "Zusammenhang" gegeben ist), ich diese problemlos ohne einen Nachweis (außer natürlich der Rechnung) von der Steuer absetzen kann. Dass ich einen Nachweis seitens des AGs brauche, hatte ich zuvor noch nie gehört.
Ich habe z. B. einen Bekannten, der im Rahmen einer beruflichen Fortbildung eine App programmieren musste. Für diesen Zweck hat er sich einen neuen Laptop angeschafft. Er sagte zu mir, er gebe die Rechnung einfach seiner Steuerberaterin und die könne den Laptop dann von der Steuer absetzen. Ich glaube kaum, dass
er sich einen Nachweis darüber hat geben lassen, dass er den Laptop beruflich braucht. Ich bin mal gespannt ob er damit durchkommt. Gerade auch, weil er eigentlich Elektrotechniker ist und beruflich sonst keinen Laptop braucht. Zumindest keinen der ihm nicht gestellt wird.

Ach genau, die Gewerbesteuer, danke! Diese fällt aber glaube ich erst ab über 24.000 Euro Gewinn an oder? Wie Sie schon richtig gesagt haben, wird es noch dauern, bis ich diese Grenze überschreiten werde.
muemmel
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Re: Kleinunternehmerregelung vs umsatzsteuerpflichtiger Einzelunternehmer

Beitrag von muemmel »

Für diesen Zweck hat er sich einen neuen Laptop angeschafft. Er sagte zu mir, er gebe die Rechnung einfach seiner Steuerberaterin und die könne den Laptop dann von der Steuer absetzen. Ich glaube kaum, dass er sich einen Nachweis darüber hat geben lassen, dass er den Laptop beruflich braucht. Er hat aber einen Nachweis über die Fortbildung - schon weil er deren Kosten auch absetzen will. Und die Anschaffung eines Laptops für eine Fortbildung dürfte allemal glaubhafter sein, als wenn er sagt, er müsse mit dem eigenen Laptop zur Arbeit erscheinen...
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