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Verfahren wg. Steuerhinterziehung vermutet. Was tun?

Verfasst: 9. Jan 2022, 10:25
von fnaat
Hallo, ich beziehe eine EU-Rente und habe Erträge aus Aktienverkäufen im Jahr 2019 wissentlich nicht versteuert. Ebenso habe ich grob fahrlässig das letzte Mal fürs Jahr 2015 eine Einkommenssteuererklärung gemacht.

Die letzte Zeit trug ich mich mit dem Gedanken, das ins Reine zu bringen und habe dazu diese Woche Unterlagen bei der Bank angefordert. Mein Motiv war eine Selbstanzeige zwecks Strafmilderung zu stellen. Im Gesetz (AO §371) steht nun aber

Straffreiheit tritt nicht ein, wenn [...] eine der Steuerstraftaten im Zeitpunkt der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste

Das trifft bei mir eventuell zu (längere Geschichte) aber vielleicht bin ich auch etwas paranoid. Daher meine Frage: Was kann ich vom Amt als weiteres Prozedere erwarten? Und was kann ich tun, um den Sachverhalt möglichst aktiv und strukturiert anzugehen? Beim Amt anrufen und klären, ob bereits ein Verfahren anhängig ist? Unterlagen zusammenstellen? Wenn ja, welche? Gibt es sonst noch etwas zu beachten?

Mir ist klar, dass ich da ziemlich naiv gehandelt habe, aber gerade deswegen möchte ich reinen Tisch machen.

Danke schonmal für Eure Antworten.

Re: Verfahren wg. Steuerhinterziehung vermutet. Was tun?

Verfasst: 9. Jan 2022, 10:30
von fnaat
Ach ja, Summe der Gewinne aus Aktienverkäufen liegt bei ca. 23.000 €. Die Aktien waren großteils Arbeitgeber-Boni und lagen da schon mehrere Jahre.

Re: Verfahren wg. Steuerhinterziehung vermutet. Was tun?

Verfasst: 9. Jan 2022, 12:18
von Severina
Eine Selbstanzeige ohne Hilfe eines Steuerberaters zu stellen wäre grob fahrlässig, da gibt es Fallstricke, die ein Laie in der Regel nicht erkennen kann.

Re: Verfahren wg. Steuerhinterziehung vermutet. Was tun?

Verfasst: 9. Jan 2022, 21:09
von Blitzkind
Haben Sie sich ihre Kapitalerträge bisher bei der Bank per NV-Bescheinigung komplett freistellen lassen? In D greift doch sonst ab Freibetrag von 801 Euro die Abgeltungssteuer (25%).

Re: Verfahren wg. Steuerhinterziehung vermutet. Was tun?

Verfasst: 10. Jan 2022, 10:35
von taxpert
Severina hat geschrieben: Eine Selbstanzeige ohne Hilfe eines Steuerberaters zu stellen wäre grob fahrlässig,
Da bisher ja gar keine Steuererklärung abgegeben wurde, ist zunächst einmal "nur" eine Steuererklärung für 2019 abzugeben. Natürlich ist durch die Nichtabgabe seit Juli 2021 der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt, soweit tatsächlich eine Steuer anfällt! Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wird die Erklärung verarbeitet und ggf. eine Verspätungszuschlag festgesetzt. Wenn in all' diesen Fällen die BuStra eingeschaltet würde, hätte man viel zu tun!

Ich glaube übrigens nicht wirklich, dass tatsächlich ein Problem vorliegt! Zum einen stellt sich die Frage, die schon @Blitzkind aufgeworfen hat, zum anderen habe ich auf Grund der Wortwahl große Zweifel daran, ob überhaupt steuerpflichtige Einkünfte vorliegen ...
fnaat hat geschrieben:und lagen da schon mehrere Jahre.
fnaat hat geschrieben:Unterlagen zusammenstellen? Wenn ja, welche?
Steuererklärung -ggf. unter Hilfe eines StB/LoHi- erstellen (lassen). Mehr nicht!

taxpert

Re: Verfahren wg. Steuerhinterziehung vermutet. Was tun?

Verfasst: 14. Jan 2022, 11:58
von fnaat
Danke schonmal für die Antworten.
Da bisher ja gar keine Steuererklärung abgegeben wurde, ist zunächst einmal "nur" eine Steuererklärung für 2019 abzugeben
Warum nur 2019? Sind die anderen fehlenden Jahre nicht ebenso erklärungspflichtig?
Natürlich ist durch die Nichtabgabe seit Juli 2021 der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt
Mir ist nicht ganz klar, woher diese Zeitangabe gilt. 2019 war die Steuerhinterziehung, hätte ich bis Juli 2021 Zeit gehabt, die Einkünfte nachträglich ganz normal - ohne Strafe - zu erklären?
zum anderen habe ich auf Grund der Wortwahl große Zweifel daran, ob überhaupt steuerpflichtige Einkünfte vorliegen ...
Die Einkünfte aus dem Aktienverkauf in Höhe von knapp 23.000 € lassen sich glaube ich nicht einfach ignorieren.

Re: Verfahren wg. Steuerhinterziehung vermutet. Was tun?

Verfasst: 14. Jan 2022, 12:09
von fnaat
Haben Sie sich ihre Kapitalerträge bisher bei der Bank per NV-Bescheinigung komplett freistellen lassen?
Nein, habe ich nicht. Ich hatte 2019 Aktienverkäufe bei zwei Banken. Einer in den USA und einer in Deutschland. Bei der Bank in Deutschland hatte ich einen Freistellungsauftrag hinterlegt. Die genauen Erlöse in DE kann ich nur grob beziffern, da ich die Unterlagen erst noch anfordern muss. War wohl ein eher niedriger vierstelliger Betrag.

Re: Verfahren wg. Steuerhinterziehung vermutet. Was tun?

Verfasst: 17. Jan 2022, 09:02
von taxpert
fnaat hat geschrieben: Warum nur 2019? Sind die anderen fehlenden Jahre nicht ebenso erklärungspflichtig?
Der Sachverhalt gibt bisher nichts her, dass auch in diesen Jahren eine Pflicht zur Abgabe besteht, was aber natürlich nicht heißt, dass aus unbekannten Tatsachen eine Abgabepflicht entstehen könnte!
fnaat hat geschrieben: Mir ist nicht ganz klar, woher diese Zeitangabe gilt. 2019 war die Steuerhinterziehung, hätte ich bis Juli 2021 Zeit gehabt, die Einkünfte nachträglich ganz normal - ohne Strafe - zu erklären?
Exakt! Es gibt zwar grundsätzlich eine gesetzliche Frist zur Abgabe der Steuererklärung, nur ist diese eine verlängerbare Frist! Steuerhinterziehung durch Nichtabgabe einer Steuererklärung liegt deshalb dann vor, wenn die Erklärung nicht bis zum Ende der Veranlagungarbeiten für das betreffende Veranlagungsjahr beim FA eingeht. Die Veranlagungsarbeiten sind immer Mitte des auf das Veranlagungsjahr übernächsten Jahres abgeschlossen. Für 2019 also Mitte 2021!
fnaat hat geschrieben: Die Einkünfte aus dem Aktienverkauf in Höhe von knapp 23.000 € lassen sich glaube ich nicht einfach ignorieren.
Es geht z.B. nicht um den Aktienverkauf, sondern um den Gewinn aus dem Verkauf! Sind die 23.000 € also tatsächlich Gewinn oder müssen vom Erlös noch die Anschaffungskosten abgezogen werden?
fnaat hat geschrieben:War wohl ein eher niedriger vierstelliger Betrag.
Dann dürfte hier ja wahrscheinlich bereits die Abgeltungssteuer einbehalten worden sein, soweit der Gewinn den Freistellungsauftrag übersteigt!

taxpert

Re: Verfahren wg. Steuerhinterziehung vermutet. Was tun?

Verfasst: 30. Jan 2022, 19:55
von Blitzkind
... zwei Banken. Einer in den USA...

Dann kann man davon ausgehen, dass gemäß verpflichtenden Datenaustausch der US-Steuerbehörden, die Daten der US-Non-Resident-Finanzkonten bereits dem Bundeszentralamt für Steuern vorliegen.