Steuerfreiheit Erstattung Rentenbeiträge

Ich hab da mal eine Frage zu ...
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YourBunnyWrote
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Steuerfreiheit Erstattung Rentenbeiträge

Beitrag von YourBunnyWrote »

Servus zusammen,

folgender Sachverhalt:
Nachdem ich 2020 von der Rentenversicherungspflicht befreit wurde, habe ich mir meine Rentenbeiträge im Jahr 2020 auszahlen lassen. Das Finanzamt Nürnberg (wo ich aktuell wohne) wollte diese Zahlung als „negative Sonderausgaben“ werten, also von meinen Sonderausgaben im Jahr 2020 abziehen. Nach meiner Argumentation, dass die Auszahlung steuerfrei sind, haben sie es dann doch nicht gemacht. Stattdessen habe ich Post vom Finanzamt Heidelberg erhalten. Dort habe ich 2016 und 2017 gewohnt und war sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das FA Heidelberg hat die Einkommenssteuerbescheide 2016 und 2017 gem. § 175 Abs. Satz 1 Nr. 1 AO geändert und begründet die Rückforderung von knapp 1.500€ damit, dass der damalige Abzug der Rentenbeiträge als Sonderausgaben nun wegfallen ist und sich das zu versteuernde Einkommen erhöht hat.

Zu einem sehr ähnlichen Sachverhalt gibt es folgendes Urteil des BFH:
https://datenbank.nwb.de/Dokument/845384/
Dort heißt es sinngemäß, dass Beitragserstattungen der Rentenversicherung i.S. des § 210 SGB VI sind als „andere Leistungen“ steuerbare Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG. Gleichzeit ist die Erstattung der Rentenversicherungsbeiträge nach § 210 Abs. 1a SGB VI gemäß § 3 Nr. 3 Buchst. b EStG steuerfrei. Sie können deshalb nicht zugleich „negative Sonderausgaben“ sein.
Auch die Vorinstanz hat ähnlich argumentiert: „Dabei kommt der Qualifikation als steuerbare Einnahme systematisch der Vorrang zu. Zudem wäre es auch hier unvereinbar mit der Wertung des § 3 Nr. 3 lit. b) EStG, eine steuerfreie Einnahme anzunehmen, aber der Beitragserstattung zugleich durch die Qualifikation als negative Sonderausgabe eine steuererhöhende Wirkung beizumessen.“ (https://openjur.de/u/2141415.html)

Allerdings ging es in der Entscheidung um die Berücksichtigung der Zahlung im Zuflussjahr. Hier hat das FA jedoch die Zahlung als Minderung der Sonderausgaben in den Vorjahren berücksichtigt. Die Frage ist nun, inwieweit das Urteil auch auf diesen Sachverhalt zutrifft.

Der Richter der Vorinstanz (FG Düsseldorf) schrieb zum BFH Urteil in einer Anmerkung folgendes:
„Was einen Rücktrag des Erstattungsbetrags in das Zahlungsjahr angeht, so hat der BFH sich hierzu nicht explizit geäußert, da die Veranlagung des Zahlungsjahrs nicht verfahrensgegenständlich war. Indes hat der BFH deutlich ausgesprochen, dass Zahlungen, die vorrangig steuerbare Einnahme sind, per se nicht negative Sonderausgabe sein können. Ob sich diese Aussage etwa unter Hinweis auf den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung auf das Erstattungsjahr beschränken lässt, ist fraglich. Meines Erachtens spricht der systematische Vorrang, den der BFH der Einkünftequalifikation einräumt, dafür, auch eine Behandlung als negative Sonderausgabe im Zahlungsjahr auszuschließen.
Ob die Finanzbehörden dies genauso sehen werden, bleibt abzuwarten. Geht man davon aus, dass eine Verrechnung im Zahlungsjahr möglich ist, weil die wirtschaftliche Belastung entfallen ist, so dürfte verfahrensrechtlich ein rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorliegen. Für die Festsetzungsfrist griffe wiederum die Anlaufhemmung des § 175 Abs. 1 Satz 2 AO ein. Da viele Stpfl. von dieser Frage betroffen sein dürften, täte die FinVerw. gut daran, entweder einen Rücktrag - in NRW unter Änderung des OFD-Schreibens vom 25.9.2019 -28 auszuschließen, oder aber die Frage zeitnah einer Klärung zuzuführen; dann müsste wohl erneut der BFH entscheiden.“

Wie schätz ihr den Sachverhalt ein? Zweifellos bleibt ein Geschmäckle, wenn ich doppelt begünstigt werde. Einerseits die Rentenzahlungen als Sonderausgaben geltend gemacht und andereseits diese jetzt steuerfrei zurück erhalten. Aber die Systematik des Gesetzes könnte dafür sprechen.

Aufgrund der geringen Summe wird es sich wohl nicht lohnen einen Anwalt einzuschalten. Ich werde daher Einspruch einlegen und ggfs. selbst klagen.
taxpert
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Re: Steuerfreiheit Erstattung Rentenbeiträge

Beitrag von taxpert »

YourBunnyWrote hat geschrieben: Das Finanzamt Nürnberg (wo ich aktuell wohne) wollte diese Zahlung als „negative Sonderausgaben“ werten, also von meinen Sonderausgaben im Jahr 2020 abziehen.
Das Urteil ist (noch) nicht im BStBl veröffentlicht. Es wurde erst am 28.09.2021 auf Bundesebene beschlossen, dass dieses Urteil im BStBl veröffentlicht wird. Erst seit diesem Zeitpunkt ist es für die Finanzverwaltung bindend.
YourBunnyWrote hat geschrieben: Nach meiner Argumentation, dass die Auszahlung steuerfrei sind, haben sie es dann doch nicht gemacht.
Ob das nun an der Argumentation lag oder einfach daran, dass sich die Verfügungslage geändert hat, kann dahin gestellt bleiben.
YourBunnyWrote hat geschrieben: Das FA Heidelberg hat die Einkommenssteuerbescheide 2016 und 2017 gem. § 175 Abs. Satz 1 Nr. 1 AO geändert
Als erstes stellt sich zunächst die Frage, mit welcher Berechtigung das FA Heidelberg Bescheide ändern kann, für die es keine örtliche Zuständigkeit mehr hat, §19 AO. Dadurch ist der Bescheid jedoch nicht zwingend nichtig!

Je nachdem wann der Bescheid ergangen ist, liegt der Rechentermin etwa eine Woche früher. Ggf. ist dem Bearbeiter in der kurzen Zeitspanne zwischen der Entscheidung das Urteil auch über den Einzelfall hinaus anzuwenden und der abschließenden Zeichnung des Falles schlicht durch die Lappen gegangen!
YourBunnyWrote hat geschrieben: Aufgrund der geringen Summe wird es sich wohl nicht lohnen einen Anwalt einzuschalten.
So etwas gehört NIE in die Hände eines Anwaltes, sondern eines Steuerberaters!
YourBunnyWrote hat geschrieben: Ich werde daher Einspruch einlegen und ggfs. selbst klagen.
Wahrscheinlich reicht es sogar schon aus, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und fernmündlich einen Antrag auf schlichte Änderung zu stellen.

taxpert
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YourBunnyWrote
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Re: Steuerfreiheit Erstattung Rentenbeiträge

Beitrag von YourBunnyWrote »

Ich habe natürlich schon mit der netten Sachbearbeiterin telefoniert und auf die Rechtsprechung hingewiesen. Sie meinte das Urteil gelte für Minderungen der Sonderausgaben im Zuflussjahr, nicht jedoch in den Vorjahren. Naja, mal sehen was rauskommt.
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