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Pflicht zur Einkommensteuererklärung

Verfasst: 27. Mär 2021, 04:03
von patrick219
Guten Tag,

ich habe eine kleine Frage dazu, ab wann man theoretisch eine Einkommensteuererklärung als Gewerbetreibender abgeben muss.

In § 56 Satz 1 Nummer 2a heißt es nach meinem Verständnis, dass eine Einkommensteuererklärung abzugeben ist, wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte den Grundfreibetrag (2021: 9.744€) überschreitet UND darin keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen wurde, enthalten sind.

Dies müsste doch bedeuten, dass beide Bedingungen erfüllt sein müssen, um der Erklärungspflicht zu unterliegen. Im Umkehrschluss hieße dies, dass selbst bei gewerblicher Tätigkeit keine ESt-Erklärung abgegeben werden müsste, wenn die Summe der Einkünfte bei, sagen wir, 8.000€ im Jahr gelegen hätte.

Ist dies eine korrekte Interpretation?

Darüber hinaus noch eine zweite Frage: In oben genanntem Paragraphen ist von Einkünften die Rede ("wenn der Gesamtbetrag der Einkünfte den Grundfreibetrag ... überstiegen hat").
In § 32a Abs. 1 Satz 2 EStG ist jedoch in Bezug auf den Grundfreibetrag von Einkommen die Rede (" ... für zu versteuernde Einkommen"). Warum klingt hier Einkünfte und Einkommen synonym, obwohl dies nicht den Tatsachen entspricht?


Vielen Dank im Voraus für die Hilfe.

Viele Grüße,
Patrick

Re: Pflicht zur Einkommensteuererklärung

Verfasst: 27. Mär 2021, 08:03
von Tom998
Warum klingt hier Einkünfte und Einkommen synonym, obwohl dies nicht den Tatsachen entspricht?
Es entspricht zwar den Tatsachen, dass sich Einkünfte und Einkommen unterschiedlich definieren, die Begriffe werden an den genannten Stellen aber nicht synonym (=gleich) verwendet. An der einen Stelle hat der Gesetzgeber die Erklärungspflicht an den GdE geknüpft, an anderer Stelle die Steuerberechnung (wie auch sonst) an das zvE.
...ich habe eine kleine Frage dazu, ab wann man theoretisch eine Einkommensteuererklärung als Gewerbetreibender abgeben muss.
Wenn die Voraussetzungen nach EStG/EStDV vorliegen oder das FA hierzu auffordert (§ 149 Abs. 1 AO).

Re: Pflicht zur Einkommensteuererklärung

Verfasst: 27. Mär 2021, 08:29
von taxpert
Diese auf den ersten Blick unterschiedlichen Verwendung des Grundfreibetrages hat schlicht seine Begründung in der Praktikabilität!

Zunächst ist die Regelung des §56 EStDV hauptsächlich eine Verwaltungsvereinfachungsregelung um das FA von einer Vielzahl von Null-Erklärungen zu entlasten. Vergleichbar §19 UStG. Damit wäre es natürlich nur vernünftig nicht auf den GdE, sondern auf das zvE abzustimmen. Es sprechen jedoch zwei Gründe dagegen.

Zum ersten wird so ein gewisser "Graubereich" abgefangen, da sonst ja deutlich höhere Einkünfte bei hohen SA und agBl auch nicht zur Abgabe verpflichtet wären.

Zum anderen wird es nur sehr wenige Stpfl. geben, die das zvE unter Berücksichtigung der beschränkt und unbeschränkt abziehbaren SA und der agBl unter Berücksichtigung des zumutbaren Belastung ermitteln könnten. Als Folge müssten wohl 9 von 10 Stpfl. zum StB gehen um feststellen zu lassen, ob sie zur Abgabe verpflichtet sind! Den Gewinn, also die Einkünfte, dagegen sollte der Stpfl. schon genau kennen.
Tom998 hat geschrieben:das FA hierzu auffordert (§ 149 Abs. 1 AO)
Und damit ist bei einem Gewerbetreibenden, der seiner Meldepflicht nach §138 AO nachgekommen ist, mit 100%-iger Sicherheit zu rechnen.

Natürlich kann diese Aufforderung mit einem Einspruch angegriffen werden. Würde auf das zvE abgestellt, müsste der Stpfl. ja aber den Nachweis praktisch wieder über eine Steuererklärung führen, was die Sache irgendwie ad absurdum führen würde. Die Einkünfte dagegen kann er leicht nachweisen, denn die fehlende Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung entbindet ja nicht von den Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten nach AO, UStG, HGB und anderen Vorschriften! Eine ordnungsgemäße Gewinnermittlung kann er einfach und schnell vorlegen.

taxpert

Re: Pflicht zur Einkommensteuererklärung

Verfasst: 28. Mär 2021, 22:41
von patrick219
Vielen Dank euch beiden für die ausführlichen und hilfreichen Antworten!