Soll- oder Istversteuerung

Ich hab ein Unternehmen und hab eine Frage zu ...
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Lavendel
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Soll- oder Istversteuerung

Beitrag von Lavendel »

Guten Morgen,

2015 habe ich ein Kleingewerbe angemeldet und die Umsatzgrenzen weit überschritten.

Die Optierung zum Vollunternehmen habe ich dem Finanzamt für 2015 rückwirkend mitgeteilt.

Frage 1: Bin ich nun Soll- oder Istversteuerer für 2015 und 2016?
Frage 2: Wo liegen Vor- und Nachteile?

Da für mich noch nicht ganz klar ist, was das alles bedeutet versuche ich das aus meiner Sicht zu erklären.

Bei Sollversteuerung muss ich bei Rechnungsstellung an den Kunden die Mwst. direkt abführen. Bei Rechnungseingang darf ich entsprechend direkt die Vorsteuer ziehen.

Frage 3: Wenn mir eine Eingangsrechnung in 2015 zugestellt wird und ich diese erst in 2016 bezahlt habe, ist es dann richtig das die Vorsteuer trotzdem in 2015 geltend gemacht wird oder doch erst mit Zahlung in 2016?

Istversteuerung:
1. Kunde bezahlt über Amazon in 2015
2. Amazon überweist mir mein Geld erst in 2016
3. Rechnungseingang Lieferant 2015
4. Zahlung der Eingangsrechnung in 2016

Frage 4: Die Vorsteuer der Eingangsrechnung (3+4) ziehe ich erst in 2016. Wie verhält es sich mit dem Amazonkonto? Der Zahlungseingang erfolgt erst in 2016 auf meinem Konto. Ist es richtig auch dann erst die Mwst. abzuführen? Oder muss man das Amazonkonto als eine Art "Unterkonto" des Bankkontos betrachten?

Vllt. finden sich hier kompetentere Personen als die bisher befragten Steuerberater. Es wurden zwei Steuerkanzleien befragt mit unterschiedlichem Ergebnis! Ist weiß nicht was ich tun soll.

Frage 5: Habt ihr ebenso schlechte Erfahrungen mit Steuerberatern gemacht?
Frage 6: Ist es eine Möglichkeit die Sachbearbeiterin des Finanzamtes zu befragen?

Ich bitte um Hilfe.

Vielen Dank!
StephanM
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Registriert: 16. Mär 2015, 18:14

Re: Soll- oder Istversteuerung

Beitrag von StephanM »

Frage 1: Bin ich nun Soll- oder Istversteuerer für 2015 und 2016?
Sofern du nicht die Ist-Versteuerung beantragt hast, bist du Soll-Versteuerer, da dieses die gesetzliche Grundannahme ist.

Frage 2: Wo liegen Vor- und Nachteile?

Soll-Versteuerer muss, wie du bereits geschrieben hast, die Umsatzsteuer in dem Voranmeldungszeitraum angeben, in dem die Forderung entsteht.
Ist-Versteuerer meldet die Umsatzsteuer erst in dem Voranmeldungszeitraum, in dem er das Geld erhält. (Vorteil: Der Erlös inkl. der zu meldenden und abzuführenden Steuer ist beim Unternehmer)

Frage 3: Wenn mir eine Eingangsrechnung in 2015 zugestellt wird und ich diese erst in 2016 bezahlt habe, ist es dann richtig das die Vorsteuer trotzdem in 2015 geltend gemacht wird oder doch erst mit Zahlung in 2016?
Die Vorsteuer aus Eingangsrechnungen ist unabhängig von Soll- oder Ist- Versteuerung. Sie ist immer in dem Voranmeldungszeitraum anzugeben, in dem die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug (§15 UStG) erfüllt sind. Da gibt es keine Wahlmöglichkeit für den Ansatzzeitpunkt.

Maßgeblich für die Besteuerung deiner Umsätze bei der Ist-Versteuerung ist der Zugang bei dir. Dieses ist bei Geldeingang auf deinem Konto gegeben. Bei dem Verkauf über Amazon (1+2) ist damit die Versteuerung in 2016.
Lavendel
Beiträge: 4
Registriert: 22. Jan 2016, 08:58

Re: Soll- oder Istversteuerung

Beitrag von Lavendel »

Guten Tag StephanM,

vielen Dank für deine Rückmeldung.

Deine Erklärungen sind für mich einleutend.

Ich habe noch eine Rückfrage zur rückwirkenden Optierung zur Vollunternehmerschaft. Kann es hier noch zu Problemen seitens der Anerkennung kommen? Bisher haben wir keine Rückmeldung vom FA erhalten. In der EÜR werden wir die Umsatzsteuer angeben und die Kalkulation für 2016 liegt dem FA ebenso vor.

In 2015 haben wir unseren Kunden keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Kann es da nun irgendwelche Probleme geben so dass wir die Vorsteuer dann gar nicht ziehen durften o. ä.?

Schönen Sonntag!
schlauelia
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Re: Soll- oder Istversteuerung

Beitrag von schlauelia »

noch mal zum Verständnis: Sie haben für 2015 Rechnungen ohne USt ausgestellt, aber jetzt rückwirkend ab 2015 zur USt optiert?
ME wird das FA sich nicht querstellen und diese Option annehmen: ist ja idR zu ihrem Vorteil. Und die Tatsache, dass Sie aus Re USt zahlen müssen, diese aber nicht an den Kunden berechnet haben, ist Ihre finanzielle Einbuße.
Wenn Sie gewerbliche Kunden haben, könnten Sie ggf. die Ust nachberechnen, denn dieser Posten ist ja für diese ein durchlaufender Posten und kein Kostenfaktor.
Sie müssen nun monatliche USt-Voranmeldungen abgeben.
Lia
StephanM
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Re: Soll- oder Istversteuerung

Beitrag von StephanM »

Sie haben doch geschrieben, das sie nach §19 Abs.2 UStG auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet haben. Dann steht ihnen auch die Vorsteuer zu. Aufgrund der fehlenden Angaben in den Rechnungen kann es aber sein, dass sie Umsatzsteuer zahlen müssen (§14c UStG), die Sie von Ihren Kunden nicht erhalten haben. Ein solcher Wechsel im Nachhinein ist meistens sehr aufwendig. Sie müssten alle Rechnungen korrigieren und insbesondere bei Rechnungen an andere Unternehmen müssten Sie die bisherigen Rechnungen zurückfordern.

Wenn Sie die Umsatzgrenze von 17.500 EUR für 2014 nicht überschritten haben und zu Beginn des Jahres 2015 von einem Umsatz unterhalb 50.000 EUR ausgegangen sind, dann können Sie in 2015 als Kleinunternehmer gelten und dürfen dann keine Vorsteuer geltend machen.
Sollten Sie in 2015 die 17.500 EUR überschritten haben, dann sind sie kraft Gesetz ab 2016 umsatzsteuerpflichtig.

Ihren Antrag nach §19 Abs.2 UStG) können sie ggf. noch wieder zurücknehmen und als Kleinunternehmer gelten.
Lavendel
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Re: Soll- oder Istversteuerung

Beitrag von Lavendel »

Hallo Zusammen,

Unternehmensbeginn war erst in 2015.

Die Ausgangsrechnungen sind ohne Mwst. mit entsprechenden $ zur Kleinunternehmerregelung gestellt worden. Theoretisch können wir diese für etwaige Prüfungen noch ändern.

Frage: Ist das zwingend notwendig die Rechnungen aus 2015 zu ändern oder welche Folgen hätte dies bei einer Prüfung, wenn wir trotzdem die Umsatzsteuer abführen obwohl wir dem Kunden keine in Rechnung gestellt haben? Das verstehe ich nicht so ganz. Lia, du schreibst von finanziellen Einbußen. Wie kann ich das verstehen?

Die andere Thematik verstehe ich wie folgt:

Alle Erlöse berücksichtigen wir als umsatzsteuerpflichtig, da wir das FA nachträglich in 2016 darüber informiert haben dass wir die Grenze für Kleinunternehmer in 2015 weit überschritten haben und optieren rückwirkend zur Vollunternehmerschaft. Deshalb dürfen wir bei den Aufwendungen ebenso die Vorsteuer berücksichtigen.

Ab 2016 sind wir umsatzsteuerpflichtig und machen ebenso eine monatliche Umsatzsteuervoranmeldung.

Schönen Abend!
schlauelia
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Re: Soll- oder Istversteuerung

Beitrag von schlauelia »

Sie bringen hier einiges durcheinander - eine "Vollunternehmerschaft" gibt es nicht und hat nichts mit USt zu tun. Und Re nachträglich wegen "Prüfung" zu ändern, ist indiskutabel - gehen Sie doch mal zu einem Steuerberater!
Lia
Lavendel
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Re: Soll- oder Istversteuerung

Beitrag von Lavendel »

Guten Morgen,

vielen Dank für deine Antwort Lia.

Sicherlich hast du im Eingangsthread überlesen, dass ich bereits bei "zwei" Kanzleien gewesen bin. Die Antworten die ich dort erhalten habe, haben mich erst in ein Forum gebracht.

Gerne gebe ich Geld für eine sichere und sachkundige Meinung aus. Das hat leider nicht geklappt und scheint wohl hier ähnlich zu laufen.

Das es eine Vollunternehmerschaft nicht gibt ist mir klar. Allerdings spricht wohl nichts dagegen, dass ich das für mein besseres Verständnis so nennen darf.

Die Rechnungen an andere Unternehmer was sehr wenige sind, hätte ich aus Fairness geändert. Die Rechnungen an privat natürlich nicht.

Schönen Tag!
schlauelia
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Registriert: 19. Jul 2011, 19:54

Re: Soll- oder Istversteuerung

Beitrag von schlauelia »

das hatte ich überlesen mit den beiden Kanzleien und kann das ehrlich gesagt nicht verstehen, denn das ist eigentlich tägliches Brot für Steuerberater und auch nicht so kompliziert!
Rufen Sie doch mal bei Ihrem Sachbearbeiter beim Finanzamt an und fragen Sie, ob jetzt rückwirkend für 2015 eine USt-Signal gesetzt ist. Schildern Sie Ihren Fall ( in der Regel sind die Sachbearbeiter zuvorkommend und helfen Ihnen). Wenn USt-Pflicht bereits 2015 sein soll, dann müssen Sie für 2015 Ihre Buchführung mit USt machen.

Stutzig macht mich, dass das FA bisher keine UST-Voranmeldungen gefordert hat, denn bei Neugründung + USt muss für die ersten zwei Jahre monatliche Abgaben erfolgen. Also rückwirkend für 2015 und auch für 2016!!

Istbesteuerung bedeutet, dass Sie den Umsatz erst der USt unterwerfen müssen, wenn das Geld eingegangen ist; Sollbesteuerung bereits in dem Monat, in dem die Leistung erbracht wurde bzw. die Rechnung geschrieben wurde.

Vielleicht hatten Sie nur Pech mit den Stb bisher - es gibt auch andere!

Lia
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