VuV nur vorläufig anerkannt

Ich hab da mal eine Frage zu ...
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frase
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VuV nur vorläufig anerkannt

Beitrag von frase »

Hallo in die Runde,

Der Steuerpflichtige hat die Vermietung eines Hauses an nahe Angehörige vorgenommen.
Diese Vermietung wurde durch einen unbefristeten Mietvertrag geschlossen und die Warmmiete liegt deutlich über 70% der ortsüblichen Miete.
Es wurden in den ersten zwei Jahren erheblich Verlusste durch das Finanzamt anerkannt, die Bescheide aber nur vorläufig erlassen.
Ein Antrag auf schlichte Abänderung wurde abgelehnt, da eine EEA nicht abschließend beurteilt werden kann.

Frage: Nach meiner Kenntnis ist bei einem auf Dauer angelegten Mietverhältnis grundsätzlich von einer EEA auszugehen, auch wenn hier erhebliche Verlusste auftreten.

Wie soll der Steuerpflichtige sich weiter verhalten?

MfG frase
taxpert
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Re: VuV nur vorläufig anerkannt

Beitrag von taxpert »

frase hat geschrieben: Frage: Nach meiner Kenntnis ist bei einem auf Dauer angelegten Mietverhältnis grundsätzlich von einer EEA auszugehen, auch wenn hier erhebliche Verlusste auftreten.
Grundsätzlich ja, vgl. Rz.1 im BMF-Schreiben vom 08.10.2004. Jedoch gibt es trotzdem immer noch Ausnahmen von dieser Regel, vgl. Rz.2 des zitierten Schreiben mit den Fußnoten 2) -5) hierzu! Ob eine dieser Ausnahmen hier vorliegt, kann man natürlich auf Grund der knappen Sachverhaltsschilderung nicht ausschließen!

Auch die verbilligte Überlassung -egal ob an nahe Angehörige oder fremde Dritte- ist spielt dabei zunächst keine Rolle, da dir Rz. 13 und 14 des BMF-Schreibens durch die Einführung des §21 Abs.2 EStG in 2012 obsolet geworden sind (vgl. Fußnoten 2 + 3 zu den Rzn).

Vom Grundsatz her tut man sich schwer, gegen eine Vorläufigkeit nach §165 AO vorzugehen. Anders als bei einer Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach §164 AO, kennt der §165 AO keine Endgültigkeitserklärung auf Antrag des Stpfl.! Ausnahmen bestehen nur für Vorläufigkeiten nach §165 Abs.1 Satz 2 AO; hier liegt jedoch eine Vorläufigkeit nach §165 Abs.1 Satz 1 AO vor.

Trotzdem kann man natürlich die Endgültigkeitserklärung "beantragen", indem man das FA darauf hinweist, dass keinerlei Ungewissheit im Sinne des §165 Abs.1 Satz 1 AO besteht (mit Verweis auf das entsprechende BMF-Schreiben). Dieser "Antrag" wäre form- und fristlos zu stellen. Ob die Ablehnung des "Antrages" dann wiederum ein rechtsmittelfähiger Verwaltungsakt wäre, kann vorerst zurückgestellt werden. Interessant wäre zunächst die Erklärung, worin das FA entgegen dem BMF-Schreiben die Ungewissheit sieht!

Ganz aus dem Schneider wäre der Stpfl. natürlich auch bei einer Endgültigkeitserklärung natürlich nicht in Bezug auf die Einkünfte aus V+V! Die BFH-Rechtsprechung kennt einige Fallbeispiele, bei der auch nach einigen Jahren der Vermietung mit einem unbefristeten Mietvertrag die Einkünfteerzielungsabsicht negiert wurde!

taxpert
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frase
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Re: VuV nur vorläufig anerkannt

Beitrag von frase »

Hallo taxpert,

vielen Dank für die erste Einschätzung.
Der Stpfl. hat genau diesen Beschluss als Argument verwendet, eine schlichte Abänderung zu erwirken.
Die Vermietung läuft seit 2 Jahren und ist unbefristet.
Natürlich hat der Stpfl. erhebliche Verlusste vorgetragen, 2017, 14 tsd €, 2018, 11 tsd €, bei Mieteinnahmen von 6 tsd.€.
Selbst wenn nur AfA und Finanzierungszinsen berücksichtigt würden, wäre bei 70% noch kein Gewinn vorhanden, der würde erst in ca. 6-8 Jahren möglich sein.
Welche Konsequenzen hat der Stpfl. zu befürchten, wenn später die VuV nicht anerkannt wird?


VG frase
taxpert
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Re: VuV nur vorläufig anerkannt

Beitrag von taxpert »

frase hat geschrieben: Welche Konsequenzen hat der Stpfl. zu befürchten, wenn später die VuV nicht anerkannt wird?
Die Steuerfestsetzung wird nachträglich geändert, ohne <berücksichtigung der angefallenen Verluste aus V+V. Wenn man sich solch ein Konstrukt leisten kann, dann dürfte der grenzsteuersatz wohl 35% + x betragen, so dass man sich die entsprechende Steuernachzahlung ausmalen kann. Dazu käme dann natürlich noch eine Verzinsung von derzeit noch 6% p.a. (beim BVerfG anhängig).
frase hat geschrieben:der würde erst in ca. 6-8 Jahren möglich sein.
Das spielt bei den Einkünften aus V+V keine Rolle, den der Betrachtungszeitraum für eine Überschussprognose liegt hier bei 25-30 Jahren! Ob selbst dieser Zeitraum notwendig ist, dürfte fraglich sein, denn je näher man an der Grenze des §21 Abs.2 EStG liegt, desto häufiger wird man in den kommenden Jahren die Miete anpassen müssen! Dabei ist eine funktionierdende Glaskugel nahezu unerlässlich, denn man muss natürlich "erahnen", wie sich die ortsübliche Miete im kommenden Jahr entwickelt! Und eine nachträgliche Erhöhung scheidet hier ...
frase hat geschrieben:Vermietung eines Hauses an nahe Angehörige vorgenommen.
... wegen §42 AO eindeutig aus!

Insgesamt erscheint es ein wenig verwunderlich, dass in Zeiten des Niedrigzinses selbst bei 70% Miete ein so hoher Verlust heraus kommt! Das lässt ggf. auch eine andere Vermutung zu, nämlich das die Vorläufigkeit nicht wegen ggf. fehlender Einkünfteerzielungsabsicht vorliegt, sondern die Kollegen -unnötiger Weise!- die Bescheide wegen §6 Abs.1 Nr. 1a EStG vorläufig gemacht haben!

taxpert
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frase
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Re: VuV nur vorläufig anerkannt

Beitrag von frase »

Der Bescheid wurde nach §165 (1) AO teilweise vorlaufig erlassen.
Die Begründung ist die nicht abschließend beurteilbare EEA.
Die Hohen Verlusste sind durch die Erstanlage des Gartens entstanden.
Es sind weitere Investitionen geplant, die in die AfA einfließen sollen, Einfriedung, Carport usw..
Das Objekt wurde in 2016 neu errichtet und in 2017 erstvermietet.
Die erste Mietanpassung erfolgte jetzt im Jahr 2020.

Der Antrag auf schlichte Änderung wurde abgelehnt und es gibt die Möglichkeit des Einspruchs dagegen.
Da die Begründung im Bescheid und der Ablehnung immer gleich ist und der Stpfl. ja auf Grundlage des

BStBl 1998 II S. 771
BFH v. 30.09.1997 IX R 80/94

und

BStBl 1999 II S. 826
BFH v. 27.07.1999 IX R 64/94

schon das Begehren der schlichten Änderung begründet hatte, wie soll er jetzt den Einspruch begünden?

MfG frase
taxpert
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Re: VuV nur vorläufig anerkannt

Beitrag von taxpert »

frase hat geschrieben: schon das Begehren der schlichten Änderung begründet hatte, wie soll er jetzt den Einspruch begünden?
Die Begründung für den Einspruch braucht weder "neu", "anders, oder irgendwie "besser" sein als der Antrag auf schlichte Änderung! Man kann den Eispruch sogar mit einem Hinweis auf die Begründung im Antrag auf schlichte Änderung bzw. dem geführten Schriftverkehr begründen (zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen). Natürlich muss einem klar sein, dass der Bearbeiter jetzt nicht seine Rechtsauffassung ändert, nur weil ein Einspruch vorliegt! Aber ein Einspruch, der nicht zurückgenommen wird, wird irgendwann an die Rechtsbehelfsstelle abgegeben, wo ein anderer Bearbeiter den Sachverhalt nochmals vollumfänglich prüft und natürlich zu einer anderen Rechtsauffassung kommen kann! Auch wenn hier weiterhin die gleiche Rechtsauffassung vertreten wird, ergeht dann eine klagefähige Einspruchsentscheidung. Auch eine mögliche Klage braucht nicht anders begründet zu werden, als der ursprüngliche Antrag auf Änderung! Hier prüft dann das Gericht nochmals vollumfänglich!

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Re: VuV nur vorläufig anerkannt

Beitrag von frase »

GuMo taxpert,

vielen Dank für die Erläuterungen.
Der Stpfl. überlegt, ob er noch ein weiteres Jahr abwarten sollte, denn die Verlusste werden weiter sinken.
Wenn er jetzt auf eine Entscheidung dringt und die ganze Sache nicht anerkannt wird, ist ihm ja auch nicht geholfen.
Welche Strategie würdest du empfehlen?

VG frase
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Re: VuV nur vorläufig anerkannt

Beitrag von taxpert »

frase hat geschrieben:Welche Strategie würdest du empfehlen?
Nun ja, vom Grundsatz tut eine vorläufige Festsetzung "nicht weh", insbesondere, wenn tatsächlich eine dauerhafte Fremdvermietung geplant ist und nach der Investitionsphase durch steigende Mieten sowieso positive Einkünfte erzielt werden. In dem Fall wäre sowohl jetzt als auch in Zukunft nichts veranlasst, da dass FA in ein paar Jahren, wenn positive Einkünfte vorliegen, die Bescheide von sich aus für endgültig erklären wird.

Auch bei anderen Fallkonstellationen ist es zumeist unerheblich, ob eine Vorläufigkeit vorliegt. Exemplarisch kann man hier z.B. Eigennutzung oder Verkauf anführen!

Eine Eigennutzung innerhalb einer gewissen Frist widerlegt die Vermutung der dauerhaften Vermietung und stellt eine neue Tatsache im Sinne §173 AO dar, so dass auch ohne Vorläufigkeit die Bescheide geändert werden können!

Bei einem Verkauf im Sinne des §23 EStG hätten die meisten Arbeiten, die jetzt als sofort abziehbarer Aufwand geltend gemacht werden, mit Sicherheit einen werterhöhenden Einfluss auf den Verkaufspreis, so dass auch hier unter'm Strich "die Katz' wieder auf die Füße fällt"!

Einzig in Fällen, die unter die Fußnoten der Rz.2 des BMF-Schreibens fallen -exemplarisch sei hier das BFH-Urteil 06.10.2004, AZ IX R 30/03 genannt- würden ohne Vorläufigkeit ggf. unter den Tisch fallen.

taxpert
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Re: VuV nur vorläufig anerkannt

Beitrag von frase »

Danke taxpert,

der Plan ist das Objekt nach der 10-Jahresfrist an die Mieter, hier die Kinder zu übertragen.
Wie wird das FA dann die Sachlage einschätzen?

VG frase
taxpert
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Re: VuV nur vorläufig anerkannt

Beitrag von taxpert »

frase hat geschrieben:Wie wird das FA dann die Sachlage einschätzen?
Ich empfehle die Lektüre der Rz. 6 - 10 des bereits erwähnten BMF-Schreibens, die auch im Fall der Schenkung anzuwenden wären!

Ansonsten ist meine Glaskugel grade in der Wartung, so dass ich im Moment nicht die Gesetzesänderungen und BFH-Urteile der nächsten 6-10 Jahre nicht "glasgooglen" kann!

taxpert
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