Pflege-Pauschbetrag nachträglich beantragen

Ich hab da mal eine Frage zu ...
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DStarkow
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Pflege-Pauschbetrag nachträglich beantragen

Beitrag von DStarkow »

Hallo zusammen, meine minderjährige Tochter ist schwerbehindert (Behinderung ist angeboren, GdB 100, Merkzeichen G, H, RF). Wegen einer falschen Beratung in der Beratungsstelle habe ich den Pflege-Pauschbetrag in den Steuererklärungen für 2019 und früher nicht geltend gemacht und ausschließlich die Behindertenpauschale in Anspruch genommen. Besteht eine Möglichkeit, den Pflege-Pauschbetrag beim FA neben der bereits berücksichtigten Behindertenpauschale für 2019 und früher rückwirkend zu beantragen? Vielen Dank im Voraus!
H.Dunker
Beiträge: 2
Registriert: 5. Jan 2021, 10:24

Re: Pflege-Pauschbetrag nachträglich beantragen

Beitrag von H.Dunker »

Hallo, ich habe ziemlich genau die selbe Situation!
Nach ein wenig Recherche habe ich den § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO gefunden und ein Passendes Musterschreiben angepasst. Hier mal das Musterschreiben welches ich heute noch zum Finanzamt senden werde, in der Hoffnung, das die mir das dementsprechend ändern. Ich hoffe es klappt, und das du evtl auch damit Erfolg hast.


Max Muster
Musterstr. 14e
12345 Musterdorf
Telefon: 015xxx/xxxxxxx







Finanzamt xxxxxx
Musterstr. 14e

12345 Musterdorf



Musterdorf, den 06.01.2021

Antrag auf Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide aus den Jahren
2016 vom 13.04.2017 Steuernummer: xxx/xxxx/xxxx
2017 vom 05.09.2018 Steuernummer: xxx/xxxx/xxxx
2018 vom 13.06.2019 Steuernummer: xxx/xxxx/xxxx
2019 vom 20.03.2020 Steuernummer: xxx/xxxx/xxxx



Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantrage ich, die bereits bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2016-2019 gemäß § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu ändern und jeweils den Pflegepauschbetrag für meine Stieftochter Anna Muster zu berücksichtigen.

Begründung:

Ich habe erst jetzt erfahren, dass ich die Aufwendungen für die Pflege meiner Stieftochter Anna Muster (Schwerbehinderung 100% mit Merkzeichen „H“ / Nachweis liegt Ihnen bereits vor) unter „Außergewöhnliche Belastungen“ als Pflegepauschbetrag ansetzen kann. Daher teile ich Ihnen diese Aufwendungen hiermit als neue Tatsache mit.

Zusätzlich möchte ich darauf hinweisen, dass mich als steuerlichen Laien kein grobes Verschulden daran trifft, dass Ihnen diese Tatsache erst heute bekannt wird.
In dem entsprechenden Formular bei diesen Außergewöhnliche Belastungen wird mit keiner Silbe erwähnt, dass das Pflegegeld bei Kindern nicht als Einnahme gilt und somit die Pflege im Sinne von unentgeltliche Pflegeleistung erbracht wird. Die amtliche Anleitung in diesem Punkt ist auch missverständlich.
Sowie die Abzugsfähigkeit dieser Aufwendungen ist nicht allgemein bekannt. vgl. Steuertipps Gruppe 10b, S. 18(1)ff]

Mit freundlichen Grüßen


Max Muster
DStarkow
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Registriert: 3. Jan 2021, 12:56

Re: Pflege-Pauschbetrag nachträglich beantragen

Beitrag von DStarkow »

Vielen lieben Dank dafür! :D Unser FA ist selbstverständlich für das Publikum nicht erreichbar. Telefonisch klappt es ebenfalls nicht. Ich habe am Montag eine formlose Anfrage mit Schilderung der Tatsachen per Mail an das FA geschickt, aber in der aktuellen Situation lege ich auf die Antwort wenig Hoffnung. Der Knackpunkt ist leider, dass hier die Tatsachen nicht nachträglich bekannt wurden, sondern zum Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung bekannt waren, nämlich die Anerkennung der Behinderung in Form eines Behindertenausweises lag bereits vor. Aber es lohnt sich zu versuchen, auch mit Hinweis darauf, dass diese Abzugsmöglichkeit nicht allgemein bekannt ist (perfekte Formulierung!) auf jeden Fall 80 Cent für eine Briefmarke wert. Ich wurde meiner Zeit in einer Behindertenberatungsstelle falsch beraten. Noch einmal vielen Dank!
H.Dunker
Beiträge: 2
Registriert: 5. Jan 2021, 10:24

Re: Pflege-Pauschbetrag nachträglich beantragen

Beitrag von H.Dunker »

Der Knackpunkt ist leider, dass hier die Tatsachen nicht nachträglich bekannt wurden, sondern zum Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung bekannt waren, nämlich die Anerkennung der Behinderung in Form eines Behindertenausweises lag bereits vor.
Genau so war es bei mir ja auch.... Der Behindertenausweis lag vor, aber ich als Laie wusste nichts von den Möglichkeiten und es ist auch nicht aus den Formularen ersichtlich ob es einem Zusteht. Daher....

Ich hoffe mal, das mein FA das so schluckt. Ich werde Berichten...

Du könntest ja auch mal ein Feedback geben, ob es geklappt hat.
LG
DStarkow
Beiträge: 4
Registriert: 3. Jan 2021, 12:56

Re: Pflege-Pauschbetrag nachträglich beantragen

Beitrag von DStarkow »

Sehr gerne!
DStarkow
Beiträge: 4
Registriert: 3. Jan 2021, 12:56

Re: Pflege-Pauschbetrag nachträglich beantragen

Beitrag von DStarkow »

Mein Antrag wurde abgelehnt, mit Hinweis darauf, dass die Änderung nach § 173 nicht in Betracht kommt. Nichteintragung des Pauschbetrags wurde mit einem "groben Verschulden" gleichgestellt, u.a. mit Hinweis auf BFH Beschlüsse v. 20.11.2008, II R 107/08, BFH/NV 2009, 545). Lt. diesen liegt auch dann ein grobes Verschulden im Sinne von § 173 AO vor, wenn ein Steuerpflichtiger deshalb keine Angaben in einem Erklärungsvordruck macht, weil es aufgrund eines Rechtsirrtums der Meinung ist, sie seien in seinem Fall nicht von Bedeutung. Widerspruch werde ich hier nicht einlegen, bringt m.E. nichts. :x
Ozymandias
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Registriert: 12. Feb 2021, 17:26

Re: Pflege-Pauschbetrag nachträglich beantragen

Beitrag von Ozymandias »

DStarkow hat geschrieben: 30. Jan 2021, 16:50 Mein Antrag wurde abgelehnt, mit Hinweis darauf, dass die Änderung nach § 173 nicht in Betracht kommt. Nichteintragung des Pauschbetrags wurde mit einem "groben Verschulden" gleichgestellt, u.a. mit Hinweis auf BFH Beschlüsse v. 20.11.2008, II R 107/08, BFH/NV 2009, 545). Lt. diesen liegt auch dann ein grobes Verschulden im Sinne von § 173 AO vor, wenn ein Steuerpflichtiger deshalb keine Angaben in einem Erklärungsvordruck macht, weil es aufgrund eines Rechtsirrtums der Meinung ist, sie seien in seinem Fall nicht von Bedeutung. Widerspruch werde ich hier nicht einlegen, bringt m.E. nichts. :x

§ 173 AO ist der falsche Paragraph. Der Pflegepauschbetrag ist nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO anzuerkennen. Die Finanzämter haben leider in Sachen außergewöhnlichen Belastungen bei Behinderten oftmals keine Ahnung, eigentlich eine wirklich Sauerei.


Dazu auch: BFH, Urteil vom 20.02.2003 - III R 9/02 Rz. 15

“Die Nachweiserfordernisse gemäß § 65 Abs. 2 EStDV beziehen sich nunmehr auch auf den Pflegepauschbetrag.”

Dazu auch: BFH, Beschluss vom 14.4.2015 – VI B 143/14:

“Die Ermächtigung des § 33b Abs. 7 EStG steht am Ende der Vorschrift und schließt damit auch die Regelungen für den Pflegepauschbetrag mit ein. Hätte der Gesetzgeber nur eine Regelung hinsichtlich des Nachweises der Voraussetzungen für die Gewährung der Pauschbeträge i. S. des § 33b Abs. 3 EStG treffen wollen, hätte es nahe gelegen, die Ermächtigungsvorschrift im Anschluss daran einzufügen. Die Stellung des § 33b Abs. 7 EStG am Schluss der gesamten Regelung spricht dafür, dass der Gesetzgeber eine Ermächtigung zur Regelung des Nachweises für alle Pauschbeträge i. S. des § 33b EStG treffen wollte.“

Hier würde sich das Finanzamt ansonsten selbst widersprechen, da der Behindertenpauschbetrag bereits in der Regel nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert wurde und für den Pflegepauschbetrag nichts anderes gelten kann. Auch ist der Plural in § 33b Abs. 7 EStG und auch in EStH H 33b zu beachten.
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