Schlichte Änderung vs Einspruch

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SteuerRatSuchender
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Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von SteuerRatSuchender »

Guten Tag Steuerexperten,

ich habe meinen Steuerbescheid erhalten und bin mit einigen Punkten nicht einverstanden.
Ich bin mir nun unsicher ob ich eine schlichte Änderung beantragen oder gleich Einspruch einlegen soll.
Es gibt ein "einfaches" Thema für die schlichte Änderung, welches meiner nach eindeutig mit Gerichtsentscheidungen bereits geregelt ist (Arbeitszimmer bei Bereitschaftsdienst).

Jedoch gibt es zweit weitere Punkte, wo der Sachverhalt komplizierter ist. Zum Einen das besondere Kirchgeld zum anderen gibt es einige Abzüge ohne Auflistung sowie Begründung auf dem Bescheid. Aber es gibt auch zwei (kleinere) Entscheidung zu meinem Gunsten, die eventuell bei einem Einspruch wegfallen. Jedoch sind die Entscheidungen zu meinem Ungunsten um einiges höher.

Jetzt stellt sich die Frage, ob ein Einspruch mehr Gewicht und Erfolg hat oder ob es bei diesen 3 Punkte auch eine schlichte Änderung ausreicht, mit dem Vorteil dass die Entscheidungen zu meinem Gunsten bestehen bleiben.
Argumente und Gerichtsentscheidungen habe ich bereits gesammelt und nieder geschrieben (ca. 2-3 Seiten). Die könnte man sowohl für eine schlichte Änderung als auch für einen Einspruch verwenden. Außer mit dem Punkt, dass es für einen Betrag x € keine Auflistung sowie Begründung auf dem Bescheid gibt, was nicht anerkannt wird. Wie ist dieser Punkt am besten zu formulieren, so etwas habe ich noch nicht gesehen.

Aber zum eigentlichen Punkt. Gibt es Meinungen und Empfehlungen, ob es erfolgsversprechender ist einen Einspruch einzulegen oder eine schlichte Änderung zu beantragen.

EDIT: Auf dieser Seite habe ich gelesen: https://www.studentensteuererklaerung.d ... -aenderung, dass bei einem Ablehnen der Änderungen automatisch ein Einspruch erfolgt:
Nach Erhalt des Antrags werden die genannten Punkte erneut geprüft und die Fehler korrigiert, sofern überhaupt welche vorliegen. Sollten sich tatsächlich Fehler eingeschlichen haben, die zu deinen Ungunsten ausfallen, dann werden diese umgehend berichtigt. Kann der Änderungsantrag jedoch nicht berücksichtigt werden, dann wandelt sich der Antrag automatisch in einen Einspruch um. Das hat zur Folge, dass sich das Finanzamt mit dir in Verbindung setzt, um das Problem besprechen zu können. Du kannst dann wählen, ob dein Anliegen wie ein Einspruch behandelt wird oder ob du den umgewandelten Änderungsantrag zurückziehen möchtest.
Was passiert würde passieren, wenn 2 von 3 Punkten geändert werden und der dritte abgelehnt wird?
StephanM
Beiträge: 854
Registriert: 16. Mär 2015, 18:14

Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von StephanM »

Wenn man als Steuerlaie sich bei einem Änderungsantrag nicht genau ausdrückt um was es sich für einen Antrag handelt und den beantragten Änderungen nicht vollständig gefolgt werden kann, so muss die Finanzverwaltung den Änderungsantrag als Einspruch ansehen, da dieser für den Steuerbürger einen umfangreicheren Rechtsschutz bedeutet. Das Finanzamt hat bei Anträgen von Steuerlaien einen gewissen Deutungsspielraum den es nicht nur anwenden kann, sondern muss. Im Zweifel behauptet man, dass es sich um einen Einspruch gehandelt hat. Kommt man immer mit durch.

Wenn den beantragten Änderungen vom Finanzamt gefolgt wird, dann wird eine Änderung nach §172 AO durchgeführt.

Schreib in der Überschrift einfach Änderungsantrag und dann deine Änderungsgründe.
SteuerRatSuchender
Beiträge: 17
Registriert: 24. Aug 2017, 17:17

Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von SteuerRatSuchender »

Danke für die Information, also wäre für dich ein Änderungsantrag zu bevorzugen anstatt direkt Einspruch einzulegen?
StephanM
Beiträge: 854
Registriert: 16. Mär 2015, 18:14

Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von StephanM »

Das ist ganz egal, denn wenn das Finanzamt den Änderungsgründen folgt, dann wird es sich im Normalfall nur mit diesen beschäftigen, auch wenn der Einspruch eine Gesamtfallprüfung vorsieht. Auch hier wird bei voller Anerkennung der Gründe eine Änderung nach §172 AO durchgeführt, da dem Antrag des Steuerbürgers gefolgt wird.
SteuerRatSuchender
Beiträge: 17
Registriert: 24. Aug 2017, 17:17

Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von SteuerRatSuchender »

Was heißt ganz egal? Ich dachte wenn ich direkt Einspruch einlege, wird die ganze Steuererklärung nochmal komplett geprüft.
Schreib in der Überschrift einfach Änderungsantrag und dann deine Änderungsgründe.
Oder meinst du damit, sie überprüfen meine Änderungsgründe, wenn Sie der gleichen Meinung sind, dann alles gut. Falls Sie einigen Änderungsgründen nicht folgen, dann ist es ein Einspruch?

Für mich liest sich der Änderungsantrag bisher so, dass er erstmal nur Vorteile hat.
Was mir aber noch nicht ganz klar ist. Wenn der Änderungsantrag erst nach der Einspruchsfrist bearbeitet wird und den Änderungsgründen NICHT gefolgt wird, habe ich dann irgendwelche Möglichkeiten dagegen vorzugehen oder ist es dann automatisch einfach als Einspruch zu werten?

Vor allem wenn Änderungsantrag + Gründe im Text stehen, klingt das doch nicht nach einem Einspruch :D.

PS: Kennst du eine passende Formulierung für nicht aufgelistete und nicht begründete Abzüge?
SteuerRatSuchender
Beiträge: 17
Registriert: 24. Aug 2017, 17:17

Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von SteuerRatSuchender »

Eine Frage hätte ich noch, wenn ich vor der Einspruchsfrist nichts vom Finanzamt wegen des Änderungsantrag gehört habe, soll ich dann vor der Frist doch lieber nochmal explizit Einspruch dann einlegen?
StephanM
Beiträge: 854
Registriert: 16. Mär 2015, 18:14

Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von StephanM »

hast du meinen Beitrag überhaupt richtig durchgelesen? die Antwort auf deine Fragen ergeben sich aus meinem Beitrag.
SteuerRatSuchender
Beiträge: 17
Registriert: 24. Aug 2017, 17:17

Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von SteuerRatSuchender »

StephanM hat geschrieben:hast du meinen Beitrag überhaupt richtig durchgelesen? die Antwort auf deine Fragen ergeben sich aus meinem Beitrag.
Ja du sagst es wird dann automatisch ein Einspruch, aber gibt es dafür auch eine Quelle? Ich finde nur Quellen die empfehlen nochmal dann explizit Einspruch zu erheben. Darum bin ich ja verwirrt.
StephanM
Beiträge: 854
Registriert: 16. Mär 2015, 18:14

Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von StephanM »

Dass ein Antrag auf Schlichte Änderung nach §172 Abs.1 Nr.2 Buchstabe a) Abgabenordnung (AO) zu einem Einspruch wird, wenn dem Antrag nicht abgeholfen werden kann, ist durch die Rechtsprechung zu §357 AO entwickelt und gemäß §357 Abs.1 Satz 3 AO ist es egal wie der Einspruch betitelt wird. Bei Personen, die nicht Personen der steuerberatenen Berufe sind, ist die Auslegung der Willenserklärung nach §133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu erforschen und damit ein entsprechender Deutungsspielraum gegeben, der grundsätzlich nur Zugunsten des Steuerbürgers ausgelegt werden darf.

Es ist also egal ob man "schlichte Änderung", "Änderungsantrag", "Einspruch" oder sonst eine Formulierung verwendet. Der Bearbeiter im Finanzamt hat zu ergründen was der Steuerbürger mit seinem Antrag möchte und das beste rechtliche Mittel anwenden. Eine Änderung nach §172 Abs.1 Nr.2 Buchstabe a) AO ist dabei nur entsprechend dem Willen des Steuerpflichtigen möglich, wodurch automatisch jeder Antrag, dem nicht gefolgt werden kann als Einspruch anzusehen ist.

Diese Willensdeutung ist leider bei Angehörige der steuerberatenen Berufen eingeschränkt, da sie sich hinsichtlich ihrer Wortwahl und Bezeichnungen genauer ausdrücken müssen, bzw. aufgrund ihrer beruflichen Bildung eine Auslegung ihrer Anträge eingeschränkt ist.
SteuerRatSuchender
Beiträge: 17
Registriert: 24. Aug 2017, 17:17

Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von SteuerRatSuchender »

Danke dir für deine Bemühngen, dann schicke ich den Antrag mal ab...
SteuerRatSuchender
Beiträge: 17
Registriert: 24. Aug 2017, 17:17

Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von SteuerRatSuchender »

Eine Laien-Frage habe ich noch. Kann man auch einzelne Teile bzw. Punkte des Einspruchs ruhen lassen bis eine Entscheidung vom BVerfG gefällt wurde z.B. besonderes Kirchgeld. Aber andere Punkte sollten aber nicht ruhen wie z.B. "Anerkennung berufliches Arbeitszimmer". Geht sowas in einem Einspruch?
StephanM
Beiträge: 854
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Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von StephanM »

Wenn eine Entscheidung noch aussteht kann man einen Einspruch Ruhen lassen. Das Verfahren kann nach dieser Entscheidung wieder aufgenommen werden und der Bescheid ist vollumfänglich noch änderbar, da das Einspruchsverfahren noch nicht beendet ist.
Es ist aber auch möglich, das das Finanzamt hinsichtlich dieser Frage eine Vorläufigkeit im Bescheid aufnimmt. Dann ist später eine Änderung nur wegen dieser Vorläufigkeit noch möglich.
SteuerRatSuchender
Beiträge: 17
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Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von SteuerRatSuchender »

StephanM hat geschrieben:Wenn eine Entscheidung noch aussteht kann man einen Einspruch Ruhen lassen. Das Verfahren kann nach dieser Entscheidung wieder aufgenommen werden und der Bescheid ist vollumfänglich noch änderbar, da das Einspruchsverfahren noch nicht beendet ist.
Danke für die schnelle Antwort. Soweit ist mir das klar, aber ruht dann der komplette Einspruch oder nur die aufgezählten Punkte bzw. Verfahren?
StephanM
Beiträge: 854
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Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von StephanM »

wenn nicht der ganze Einspruch ruhen soll, so kann das Finanzamt eine Teil-Entscheidung für die unstrittigen Punkte durch einen Änderungsbescheid erlassen.

Es ist aber auch die Frage, ob das Finanzamt die Lösung des Ruhens oder der Vorläufigkeit anstrebt. Wenn der Fall soweit geändert werden kann, das durch eine Vorläufigkeit der Einspruch erledigt ist, so werden die dieses vermutlich bevorzugen, damit da kein offenes Verfahren schlummert.
SteuerRatSuchender
Beiträge: 17
Registriert: 24. Aug 2017, 17:17

Re: Schlichte Änderung vs Einspruch

Beitrag von SteuerRatSuchender »

StephanM hat geschrieben:wenn nicht der ganze Einspruch ruhen soll, so kann das Finanzamt eine Teil-Entscheidung für die unstrittigen Punkte durch einen Änderungsbescheid erlassen.
Okay klingt doch komplizierter als gedacht.
Also ja ich würde gern z.B. einen Einspruch bzw. Änderung für die Anerkennung meines Arbeitszimmer machen.
Und dann habe ich eben noch sowas angehängt. Mit den laufenden Verfahren.
Aufgrund der beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahren und der noch
ausstehenden Entscheidungen, die auch für uns Bedeutung erlangen werden,
beantrage ich, dass die Entscheidung über diesen Einspruch bis zu den
Entscheidungen der genannten Verfahren für folgende Punkte ausgesetzt wird:

- Besonderes Kirchgeld:
- Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen:
-Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags:
StephanM hat geschrieben: Es ist aber auch die Frage, ob das Finanzamt die Lösung des Ruhens oder der Vorläufigkeit anstrebt. Wenn der Fall soweit geändert werden kann, das durch eine Vorläufigkeit der Einspruch erledigt ist, so werden die dieses vermutlich bevorzugen, damit da kein offenes Verfahren schlummert.
Ich habe gelesen, dass man trotz dem Vorläufigkeitvermerk z.B. "Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen" trotzdem Einspruch einlegen sollte.

Z.B.
https://www.steuertipps.de/steuererklae ... -nichtstun

Steuertipp
Trauen Sie Ihrem Vorläufigkeitsvermerk nicht und wollen Sie ganz auf Nummer sicher gehen, legen Sie trotz Vorläufigkeitsvermerk Einspruch ein. Berufen Sie sich auf das Verfahren vor dem BVerfG, in dem geklärt werden soll, ob die Vorläufigkeitsvermerke überhaupt wirksam sind (Aktenzeichen AR 9124/10).
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